Projektbeschreibung
Kontext
Die deutsche Wirtschaft erlebt derzeit einen enormen digitalen, technologischen und demografischen Strukturwandel. Die Anforderungen an die Beschäftigten verändern sich mit. Etwa ist eine unzureichende Anzahl von Fachkräften ein wesentliches Hindernis für die Integration erneuerbarer Energien. Auf der anderen Seite verändern sich durch den Umstieg auf Elektromobilität Anforderungen und Umfang an Beschäftigung. Auch Digitalisierungsprozesse verändern weiterhin die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt. Diese Entwicklungen treffen in der Bundesrepublik auf die Bevölkerung mit dem weltweit fünfthöchsten Durchschnittsalter. Um- und Weiterbildung sind ein unverzichtbares Mittel gegen den Fachkräfteschwund. Im internationalen Vergleich zeigt sich für Deutschland eine deutlich unterdurchschnittliche Bereitschaft zur Umqualifizierung. Ein Grund liegt in der Überkomplexität der Weiterbildungslandschaft, die sich aus Trägerpluralismus, Dezentralisierung, Föderalismus speist.
Fragestellung
Übergeordnetes Ziel des Vorhabens ist die Reduktion von Komplexität des Rechts der Weiterbildung und Qualifizierung für den Rechtsanwender. Dazu geht das Projekt zwei wesentlichen Fragen nach. Erstens: Wo genau liegen die Reibungspotenziale in der gegenwärtigen Rechtslage, die das Weiterbildungssystem unübersichtlich und schwerfällig machen? Zweitens: Wie kann sie optimiert werden? Das Projekt sieht eine umfassende Bestandsaufnahme und systematische Analyse der bestehenden Rechtslage vor. Dabei werden Rechtsquellen der Qualifizierung aus Sozial- und Arbeitsrecht, aus Betriebsverfassung und Tarifvertrag betrachtet. Die Ergebnisse sollen praxis- und handlungsorientiert dargestellt werden. In einem weitergehenden Schritt sollen Vorschläge zur Optimierung des Qualifizierungsrechts ausgearbeitet werden. Zielvorstellung ist ein Regelungssystem, das für jeden Bedarfsfall für alle Akteure ein einfach zugängliches, interessengerechtes Qualifizierungsinstrument bereithält.
Untersuchungsmethoden
Im ersten Schritt soll die rechtliche Ausgangslage analysiert und systematisch dargestellt werden. Die wissenschaftliche Methode ist, da es um die Auslegung geltenden Rechts geht, die der Rechtsdogmatik. „Systematisch“ bedeutet, dass die Darstellung so aufgebaut wird, dass für Anwender je nach Bedarfsfall die einschlägige Rechtslage recherchiert werden kann. Dazu wird die Rechtslage nach Gruppen von Anspruchsberechtigten und Anspruchsgegnern/Leistungserbringern geordnet. Zudem wird nach der individuellen Beschäftigungssituation gegliedert. Da sich die Systematisierung zuvörderst an den Bedarfen der Praxis orientieren soll, wird diese von Beginn des Projektes an einbezogen, etwa über Fach-Workshops und in Expertengespräche mit Tarifpolitikern, Betriebsräten und Akteuren der Sozialverwaltung.
Im zweiten Schritt sollen ausgehend von dieser Bestandsaufnahme konkrete Vorschläge für die weitere Rechtsetzung gemacht werden.
Darstellung der Ergebnisse
Das Forschungsprojekt hat die Hypothese bestätigt, dass das Weiterbildungsrecht in Deutschland unübersichtlich und unsystematisch geregelt ist. Gleichzeitig wurden aber auch Handlungsoptionen aufgezeigt, wie mit dem System bestmöglich gearbeitet werden kann. Dazu wurden insbesondere zwei Arbeitspapiere erstellt. Eines hat sich mit den Potenzialen des im Juli 2023 verabschiedeten Weiterbildungsgesetzes beschäftigt. Das Working Paper zeigt nicht nur auf, welche Handlungsoptionen das Gesetz bietet, sondern untersucht es auf rechtliche Probleme und zeigt Lösungsmöglichkeiten für diese auf. Das Papier ist inzwischen auch als Aufsatz in einer Fachzeitschrift erschienen (NZS 2024, 241). Ein weiteres Working Paper befasst sich mit tarifvertraglichen Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Weiterbildung. In dem Projekt wurden Handlungsinstrumente zur Qualifizierung von Beschäftigten - insbesondere in Transformationsprozessen - in der gesamten Breite des Individualarbeitsrechts, des Kollektivarbeitsrechts und des Sozialrechts dargestellt, auf Verbesserungsmöglichkeiten untersucht und konkrete Handlungsempfehlungen aus rechtlicher Perspektive entwickelt.