Projektbeschreibung
Kontext
Die Zuspitzung der ökologischen Krise geht mit einer öffentlichen und politischen Auseinandersetzung um sozio-ökologische Transformation einher, im Zuge derer Unternehmen Sorgfaltspflichten für nachhaltige Veränderung übernehmen sollen. Vor dem Hintergrund dieser regulativen und normativen Entwicklungen erkennen gewinnorientierte, global agierende Unternehmensberatungen und Standardisierungsagenturen, welche sich traditionell nicht mit guter Arbeit beschäftigt hätten, die Ausgestaltung und Umsetzung von Standardisierungsmaßnahmen für "gute Arbeit" als ein neues, profitables Geschäftsfeld. Im Kräftefeld um die Entwicklung legitimer Praktiken "guter Arbeit" treffen sie auf traditionelle sozialpartnerschaftliche Akteur*innen. Die industrielle Kernbranche der Automobilzulieferindustrie ist durch ihre komplexe globale Arbeitsorganisation einem besonders hohen Transformationsdruck ausgesetzt, sodass sich hier wirtschaftliche, staatliche und sozialpartnerschaftliche Felder verdichten.
Fragestellung
Um die übergeordnete Frage „Wer macht gute Arbeit“ zu beantworten, werden die konfliktreichen Verhandlungsprozesse zwischen traditionellen sozialpartnerschaftlichen Akteur*innen und neuen gewinnorientierten Akteur*innen zur Umsetzung und Legitimierung von Leitbildern für „gute“ Arbeit am Beispiel der Automobilzulieferindustrie entlang folgender Fragen aufgezeigt: Welche rechtlichen Rahmenbedingungen, Normen und Leitbilder zu guter Arbeit können im Kontext der sozio-ökologischen Transformation der Automobil(zuliefer)industrie identifiziert werden? In welcher Weise und mit welchem Ergebnis beteiligen sich neue und etablierte arbeitspolitische Akteur*innen an der Umsetzung dieser Regelwerke und Leitbilder guter Arbeit auf Branchen-, Organisations- und betrieblicher Ebene? Wie wirken die Konflikte um die Leitbilder und Praxis guter Arbeit auf (etwaige) Kooperationen und Konflikte, Machtverhältnisse und Deutungen der involvierten, neuen und etablierten arbeitspolitischen Akteur*innen?
Untersuchungsmethoden
Die konkrete Umsetzung von Leitbildern „guter Arbeit“ soll anhand eines Single Embedded Case aus dem Untersuchungsfeld der Automobilindustrie beforscht werden. Das Headquarter, mehrere Gesellschaften einer Holding, die untereinander und auch mit Unternehmensberatungen und Standardisierungsagenturen in (temporären) Netzwerkstrukturen verbunden sind, werden als Sub-Cases untersucht. Die inhaltsanalytischen Auswertungen beruhen auf Sekundärdaten zur Holding, den Gesellschaften, zum Arbeitsmarkt und der Tarifpolitik sowie auf Primärdaten aus Interviews mit Akteure*innen aus den Feldern der Organisation, Unternehmensberatungen, Standardisierungsagenturen und der Sozialpartnerschaft. In der rechtlichen Analyse werden europäische und internationale Rechtsquellen (Hard und Soft Law) und deren Niederschlag im nationalen Recht sowie die praktische Umsetzung in den einzelnen Unternehmen, in Bezug auf innerkonzernale Richtlinien oder Standardsettings (Soft Law) systematisch untersucht.