Forschungsprojekt: Öffentlich-rechtliche Formen der Krankenhausorganisation

Projektziel

Am Beispiel der kommunalen Krankenhäuser in Bayern wird das selbständige Kommunalunternehmen (Anstalt des öffentlichen Rechts) auf seine Eignung als Rechtsform der kommunalen Daseinsvorsorge und als Alternative zur formellen Privatisierung untersucht.

Veröffentlichungen

Rinken, Alfred, 2008. Alternativen zur Privatisierung. Das selbständige Kommunalunternehmen als Organisationsform der kommunalen Daseinsvorsorge am Beispiel der kommunalen Krankenhäuser, Schriften der Hans-Böckler-Stiftung 73, Baden-Baden: Nomos, 341 Seiten.

Rinken, Alfred und Oliver Kellmer, 2006. Kommunale Krankenhäuser als Instrumente sozialstaatlich-kommunaler Daseinsvorsorge im europäischen Verfassungsverbund, Die Verwaltung: Zeitschrift für Verwaltungsrecht und Verwaltungswissenschaften, 39(1), S. 1-28.

Projektbeschreibung

1. Kontext

Europäisierung und Globalisierung von Ökonomie und Politik setzen den Sozialstaat und mit ihm die kommunale Daseinsvorsorge unter externen und internen Wettbewerbsdruck. Ein viel praktiziertes Mittel der notwendigen Rationalisierung öffentlichen Handelns ist die Privatisierung in ihren verschiedenen Erscheinungsformen. Bei ihrer Bewertung wird häufig nur auf den erhofften ökonomischen Flexibilitätsgewinn abgestellt, das damit verbundene Strukturproblem jedoch nicht beachtet. Mit jeder Privatisierung wird aber darüber entschieden, welche Agenden aus dem Bereich der "Politik" ausscheiden und dem "Markt" überlassen (materielle Privatisierung) oder doch in marktförmiger Weise erbracht (formelle Privatisierung) werden sollen. Eine solche Verschiebung von der "Politik" zum "Markt" ändert, wenn sie massenhaft geschieht, das Koordinatensystem, das der überkommenen Struktur des Verfassungsstaates in seiner modernen Form als rechts- und sozialstaatliche Demokratie zugrunde liegt.

2. Fragestellung

Zu beantworten ist, wie die auf eine größere Effizienz und Flexibilität zielenden Modernisierungsbestrebungen im öffentlichen, insbesondere im kommunalen Sektor mit den Direktiven demokratischer Legitimation, sozialstaatlicher Gemeinwohlverantwortung und politischer Steuerungsfähigkeit kompatibel gemacht werden können. Diese grundsätzliche Fragestellung wird für einen zentralen Bereich der sozialstaatlich-kommunalen Daseinsvorsorge und der sozialen Infrastruktur analysiert. An dem in vielfacher Weise exemplarischen Krankenhausbereich wird untersucht, ob die öffentlich-rechtliche Rechtsform des selbständigen Kommunalunternehmens den an eine effiziente und flexible Unternehmensorganisation gestellten Anforderungen gerecht wird.

3. Untersuchungsmethoden

Die skizzierte Fragestellung wird auf mehreren Untersuchungsebenen bearbeitet. Im Ersten Teil wird die aktuelle Tendenz zur materiellen Privatisierung unter verfassungstheoretischen, verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Gesichtspunkten analysiert. Im Zweiten Teil steht die formelle Privatisierung im Vordergrund. Untersucht wird die Frage, ob das selbständige Kommunalunternehmen als Alternative zur Organisationsprivatisierung geeignet ist. Diese Untersuchung erfolgt auf der Grundlage eines detaillierten Rechtsformenvergleichs mit der privatrechtlichen Eigengesellschaft. Im Dritten und Vierten Teil wird diese Eignungsprüfung am Beispiel der als Kommunalunternehmen organisierten Krankenhäuser in Bayern konkretisiert. Als Beitrag zur Rechtstatsachenforschung wird auf der Grundlage einer Fragebogenerhebung die Organisationsstruktur dieser Krankenhäuser erstmals im Einzelnen dargestellt. Im Fünften Teil werden schließlich konkrete rechtspolitische Vorschläge gemacht.

4. Darstellung der Ergebnisse

Zunächst wird auf das als verfassungstheoretische Problem einer massiven materiellen Privatisierung hingewiesen, d.h. auf die Tendenz zur Ausdünnung der demokratischen und sozialstaatlichen Legitimations- und Verantwortungsstrukturen. Im Weiteren wird die These entwickelt, dass es sich bei der Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform für öffentliches Handeln (formelle Privatisierung) nicht um eine rein rechtstechnische Frage, sondern um eine verfassungsrelevante Strukturentscheidung handelt, die einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedarf. Zugleich wird als eine flexible Handlungsform des öffentlichen Rechts und als geeignete Alternative zu privatrechtlichen Rechtsformen die Organisationsform des selbständigen Kommunalunternehmens vorgestellt. Die Leistungsfähigkeit dieser neuen öffentlich-rechtlichen Organisationsform wird sodann am Beispiel der bayerischen Krankenhaus-Kommunalunternehmen dargestellt. Unter den rechtspolitischen Vorschlägen, die abschließend entwickelt werden, ist die Forderung nach einer Einführung einer direktiven Mitbestimmung im Kommunalunternehmen hervorzuheben.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Alfred Rinken

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