Thema: Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen

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3.2.1 Auszüge aus einer "Betriebsvereinbarung zur Gefährdungsbeurteilung" (1 Textauszüge) Alle Textauszüge speichern


Vereinbarung Gesundheit und Soziales Textauszug speichern

HBS-Datenbank-Nr: 060700/482

Präambel
Diese Betriebsvereinbarung zur Umsetzung des Arbeitsschutzgesetztes und der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG, einschließlich der Erfassung psychischer Belastungen, soll die Ermittlung und Bewertung von Gesundheitsgefährdungen an den Arbeitsplätzen, sowie geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter/innen regeln. Grundlage hierfür sind die vom Gesetzgeber vorgegebenen Rahmenvorschriften des Arbeitsschutzgesetzes mit der Leitlinie der menschengerechten Arbeitsgestaltung nach § 2 ArbSchG.
Beide Parteien stimmen darüber überein, dass eine erfolgreiche Umsetzung des Arbeitsschutzgesetzes sowohl im Interesse des Unternehmens als auch der Mitarbeiter liegt. Arbeitgeber und Betriebsrat sind sich darüber einig, dass die Gefährdungsbeurteilung den Bereich psychischer Belastungen einschließt und eine erfolgreiche Gefährdungsbeurteilung nur unter Beteiligung der Mitarbeiter mit einer anschließenden Erfolgskontrolle möglich ist.
Ziel dieser Betriebsvereinbarung ist es die kontinuierliche Verbesserung von Arbeitssicherheit, Arbeits- und Gesundheitsschutz der Mitarbeiter sowie deren Beteiligung an der Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen einschließlich psychischer Fehlbelastungen und an Maßnahmen des Gesundheitsschutzes.
Dieser Zielsetzung einer menschengerechten Arbeitsgestaltung dürfen laut EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG keine rein wirtschaftlichen Überlegungen übergeordnet werden. Diese Betriebsvereinbarung achtet die Anforderung nach menschengerechter Gestaltung der Arbeit entsprechende § 2 ArbSchG. Unter menschengerechter Gestaltung der Arbeit ist die Vermeidung bzw. Minderung von im Zusammenhang mit der Arbeit stehenden gesundheitlichen Fehlbelastungen oder Beeinträchtigungen und die Förderung des Wohlbefindens entsprechend ISO 9241 zu verstehen. Hinsichtlich der Definition psychischer Fehlbelastungen gelten die Ausführungen der DIN EN ISO-Norm 10075-1. Hinsichtlich der Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen gelten die Ausführungen der ISO-Norm 9241-2:1992 - Anforderungen an die Arbeitsaufgaben und der DIN EN ISO 10075-2. [...]

§ 4 Vorbereitungsmaßnahmen
Die Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen setzt voraus, dass im Betrieb Vorbereitungen getroffen werden. Nachstehende Vorbereitungsmaßnahmen müssen vor Durchführung der Gefährdungsbeurteilung abgeschlossen sein:

- Bildung eines paritätisch besetzten Steuerkreises zur Begleitung der Gefährdungsbeurteilung (s. hierzu nachfolgend § 5)
- Festlegung eines Verfahrens zur Gefährdungsbeurteilung (im Bereich technischer Arbeitsschutz: Erstellung von Checklisten, Beauftragung der zuständigen Person; im Bereich psychische Belastungen: Beauftragung eines Sachverständigen zur Durchführung und Analyse der Mitarbeiterbefragung, Erstellung von Fragebögen zur Mitarbeiterbefragung in Zusammenarbeit mit dem Sachverständigen)
- Bestimmung und Qualifizierung der Mitglieder des Steuerkreises
- Gemeinsame Informationsveranstaltungen für die Mitarbeiter über Ziele, Inhalte und Durchführung sowie über den Umgang mit den Ergebnissen der Gefährdungsbeurteilungen.

§ 5 Zusammensetzung Steuerkreis
Zur Begleitung der Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen wird ein ständiger betrieblicher Steuerkreis gebildet, bestehend aus je zwei Vertretern des Betriebsrates und es Arbeitgebers. Die vom Betriebsrat entsandten Mitglieder des Steuerkreises sind dem Betriebsrat jederzeit zur Auskunft verpflichtet. Der Steuerkreis ist beschlussfähig, wenn von jeder Seite mindestens ein Mitglied anwesend ist. Er fasst seine Beschlüsse einstimmig. Der Steuerkreis kann von beiden Seiten einberufen werden; er muss sodann spätestens innerhalb von 2 Wochen zusammentreten.
Beratend können von beiden Seiten
- die Fachkraft für Arbeitssicherheit
- der Betriebsarzt
eingeladen werden.
Außerdem können sowohl einzelne Mitarbeiter sowie externe Berater (Sachverständige) nach Maßgabe des § 80 Abs. 3 BetrVG hinzugezogen werden.

§ 5.1 Aufgaben des Steuerkreises
Zu den Aufgaben des Steuerkreises zählen:
1.die Konzeption der Information der Mitarbeiter zur Vorbereitung der Gefährdungsbeurteilung und die Unterstützung der Vorgesetzten bei der Durchführung der Unterweisungen (§ 12 ArbSchG),
2.Festlegung von Zeitplan, Gruppenbildung und Reihenfolge der Gruppen bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung,
3.die Durchführung bzw. Überwachung der Ermittlung von Gesundheitsrisiken für Beschäftigte (§ 5 ArbSchG) unter der Berücksichtigung der Anonymität,
4.die Bewertung der erhaltenen Ergebnisse der Ermittlung der Gesundheitsrisiken,
5.die Festlegung von Feinanalysen wie Einzel- oder Vorortuntersuchungen, Beobachtungsstudien, Interviews, Workshops etc.,
6.die Festlegung der durchzuführenden Maßnahmen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung und deren zeitlich Umsetzung gemäß § 5 ArbSchG,
7.die Klärung von Dokumentationsfragen gemäß § 6 ArbSchG,
8.die Festlegung von Verfahren, Methoden und Zeitpunkten von Wirksamkeitskontrollen gemäß § 3 ArbSchG,
9.die Behandlung von Vorschlägen der Mitarbeiter bzw. der Mitarbeiterinnen gemäß § 17 ArbSchG sowie
10.die Klärung von Meinungsverschiedenheiten und
11.die Information der Mitarbeiter über die Auswertungsergebnisse, deren Bewertung und die vorgesehenen Maßnahmen.

§ 5.2 Unterweisung, Unterrichtung, Information zur Vorbereitung der Gefährdungsbeurteilung
Die Arbeitnehmer/innen sind gemäß § 12 ArbSchG über die Vorschriften der Arbeitssicherheit und Ergonomie, über die Vermeidung von psychischen Fehlbelastungen und über die gesundheitsgerechte Durchführung ihrer Tätigkeiten vor Aufnahme ihrer Tätigkeit zu unterweisen. Die Mitarbeiter werden in dieser Unterweisung auch dahingehend qualifiziert, ihr Beteiligungsrecht aus den §§ 15-17 ArbSchG wahrzunehmen.
Die Unterweisung ist jährlich zu wiederholen und muss sich an die sich ändernden Begebenheiten (z. B. Veränderung der Gefahrenlage, Veränderung im Arbeitsbereich, Versetzung etc.) anpassen. Dabei wird zwischen Erst- und aufgabenbezogenen Unterweisungen sowie der Information zur Vorbereitung der Gefährdungsbeurteilung unterschieden.
Kommt ein Vorgesetzter seiner Pflicht der Unterweisung seiner Mitarbeiter nicht nach, so kann dies zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.

§ 6 Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
Die Gefährdungsbeurteilung dient dem Zweck, Belastungen und Beeinträchtigungen an allen Arbeitsplätzen arbeitsplatzbezogen zu ermitteln, die Gesamtbelastung durch deren Zusammenwirken festzustellen und präventive Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Minimierung der Fehlbelastungen zu erarbeiten. Unter Gefährdungen versteht man die Quelle eines arbeitsbedingten Unfalls oder einer arbeitsbedingten Gesundheitsbeeinträchtigung. Gefährdungen umfassen auch Belastungen, die negative Belastungsfolgen hervorrufen können.
Die Gefährdungsbeurteilung umfasst die Schritte:
- Ermittlung des Ist-Zustandes arbeitsbedingter Gesundheitsrisiken
- Bewertung des Arbeitsplatzes und der von ihm ausgehenden Gefährdungen
- Vergleich Ist-Zustand/Soll-Zustand
- Maßnahmenableitung zur Erreichung des Soll-Zustandes.
Der Soll-Zustand besteht in der Ableitung aus normierter Schutzzielen, dem Stand der Technik und der Arbeitswissenschaften sowie gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen und bewährten Praxislösungen. Bei neuen arbeitstechnischen, arbeitswissenschaftlichen oder arbeitsmedizinischen Erkenntnissen werden die Erhebungsmethoden angepasst bzw. neue Verfahren entwickelt und eingesetzt.

§ 6.1 Methoden und Instrumente/Technischer Arbeitsschutz
Die Ermittlung der Maßnahmen zum Technischen Arbeitsschutz/Arbeitssicherheit/Ergonomie erfolgt durch Begehungen, Auswertung der Zusammenkünfte der Sicherheitsbeauftragten, Arbeitsplatzbeobachtung, Einsichtnahmen in Unterlagen und ggf. durchzuführenden Feinanalysen (Einzel- oder Gruppenbefragungen, Interviews, Einzelgespräche u.a.).
Zur Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG werden bezogen auf den technischen Arbeitsschutz folgende Verfahren eingesetzt:

- Zur technischen Beurteilung im Rahmen der Verordnungen (ArbStättV, BildSchArbV, GefStoffV, StrahlenSchV, BenutzerV, BetrSichVO usw.) werden vorhandene Erfassungsbögen (Checklisten) für das Beurteilungsteam benutzt, die in Anhang I der BV aufgeführt werden.

§ 6.2 Methoden und Instrumente/Psychische Fehlbelastungen
Die Ermittlung der psychischen Belastungen erfolgt durch anonymisierte Mitarbeiterbefragungen in Form von für den Betrieb angepassten Fragebögen.
Die Erstellung der Fragebögen, die Durchführung der Befragung und deren Auswertung erfolgt in Zusammenarbeit mit einem externen Sachverständigen nach vorangegangenen Auftaktinterviews. Über die zu benutzenden Fragebögen entscheidet der Steuerkreis.
Die Teilnahme an der Befragung erfolgt freiwillig und anonym ohne Angabe des Namens. Ebenso erfolgt die statistische Auswertung des Fragebogens in anonymisierter Form, die jeden Rückschluss auf Einzelpersonen ausschließen muss. Bei einer weitergehenden statistischen Auswertung nach Einrichtungen, Tätigkeiten, Abteilungen oder ähnlichen arbeitsbezogenen Merkmalen, ist bei der Auswertung im oben genannten Sinn sicherzustellen, dass die Auswertungseinheiten so gewählt werden, dass kein Rückbezug auf Personen möglich ist. Gegebenenfalls sind hierzu Auswertungseinheiten mit einer geringen Anzahl Befragter in größere Einheiten zusammenzufassen. Die rechtlichen Vorschriften des Datenschutzes sind einzuhalten.
Mit den Fragebögen soll eine umfassende Grobanalyse erreicht werden. Über anschließend durchzuführende Feinanalysen (Einzel- oder Gruppenbefragungen, Beobachtungsstudien, Interviews, Einzelgespräche, Vor-Ort-Analyse, Workshops u. a.) entscheidet der Steuerkreis.

§ 7 Maßnahmenableitung
Wird nach Durchführung der Gefährdungsbeurteilungen ein Handlungsbedarf deutlich, hat der Steuerkreis innerhalb von 4 Wochen die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu beschließen. Dabei wird der Steuerkreis gegebenenfalls durch von ihm zu bestimmende Personen (z. B. Betriebsarzt, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Sachverständige etc.) beraten.
Die abzuleitenden Maßnahmen richten sich nach den jeweils geltenden Gesetzen und Vorschriften, den arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen und den daraus anerkannten und bewährten Lösungen. Als Grundlage bei der Ableitung von Maßnahmen dient insbesondere § 2 Arbeitsschutzgesetz mit seiner Anforderung der menschengerechten Gestaltung der Arbeit in Zusammenhang mit den Inhalten der ISO 9241-2: 1992 sowie der in der DIN-EN-ISO-Norm 10075-2 enthaltenen Gestaltungsvorschläge.
Für alle Maßnahmen sind Wirksamkeitskontrollen (Zeitpunkte und Verfahren der Überprüfung) zu vereinbaren. Spätestens nach Ablauf eines Jahres, beginnend mit dem Inkrafttreten der Maßnahme, ist sie auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen.

§ 8 Zeitpunkt der Beurteilung/Wirksamkeitskontrolle/Dokumentation
Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu wiederholen. Im Bereich der Arbeitssicherheit/Ergonomie erfolgt dies mindestens in jährlichem Turnus. Der Fragebogen zu psychischen Fehlbelastungen wird in spätestens dreijährigem Turnus durchgeführt.
Die Ergebnisse der Gefährdungsermittlung nach § 6 der BV sowie die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung und der Maßnahmenableitung nach § 7 der BV sind als Basis einer kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen nach den Maßgaben von § 6 ArbSchG zu dokumentieren. Ebenfalls zu dokumentieren sind die Ergebnisse der Wirksamkeitskontrolle. Die Dokumentation wird fortgeschrieben, ohne alte Daten zu überschreiben bzw. zu löschen. Der BR erhält ein Exemplar der jeweils fortgeschriebenen Dokumentation.

§ 9 Umsetzung
Mitbestimmungsrechte des BR werden durch diese Betriebsvereinbarung nicht beschränkt.
Kommt es im Steuerkreis zu einem Dissens, so versucht ein erweiterter Steuerkreis (Hinzuziehung je eines weiteren Vertreters, welcher auch ein externer Sachverständiger sein kann) eine Einigung zu erzielen; gelingt auch dies nicht oder tritt der erweiterte Steuerkreis nicht binnen einer Frist von 4 Wochen zusammen, entscheidet eine Einigungsstelle mit jeweils drei Beisitzern (max. 1 Externer pro Betriebspartei).

§ 10 Information/Qualifizierung/Sachverständige
Die Geschäftsleitung der [Firma] sorgt dafür, dass die für die Umsetzung der Betriebsvereinbarung verantwortlichen Personen ausreichende Kenntnisse über den neuesten Stand der Technik und der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit unter Berücksichtigung der im Unternehmen vorkommenden Gefährdungen und Risiken besitzen bzw. erwerben.
Der Steuerkreis ermittelt den Qualifizierungsbedarf seiner Mitglieder und überwacht die Teilnahme der von ihr festgelegten Qualifizierungen.
Die Rechte der Mitglieder des BR zur Teilnahme an entsprechenden Schulungs- und Bildungsveranstaltungen nach § 37 Abs. 6 BetrVG bleiben unberührt.
Falls erforderlich ist der BR berechtigt, zur Erfüllung seiner Aufgaben aus dieser BV nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber geeignete Sachverständige seiner Wahl hinzuzuziehen.

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Weitere Textausschnitte zum Thema

  1. Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen
    1. Definition 14 Textauszüge
    2. Zielsetzung 11 Textauszüge
    3. Akteure und Gremien (betriebliche Kommission) 30 Textauszüge
    4. Qualifizierung der Akteure 15 Textauszüge
    5. Quellen der Belastung 13 Textauszüge
    6. Zeitpunkt und Anlässe 15 Textauszüge
    7. Ablauf 18 Textauszüge
  2. Erfassung psychischer Belastungen
    1. Basis Soll-Zustand, Auswahl von Instrumenten, Anpassung der Instrumente 9 Textauszüge
    2. Methoden 14 Textauszüge
    3. Grobanalyse mit Beschäftigtenbefragung 19 Textauszüge
    4. Feinanalyse mit Interviews und Workshops 10 Textauszüge
  3. Ableitung von Maßnahmen
    1. Gesetze, Vorschriften 1 Textauszüge
    2. Beratung von Maßnahmen 14 Textauszüge
    3. Maßnahmengruppen oder -kataloge 10 Textauszüge
    4. Einleitung und Umsetzung von Maßnahmen 12 Textauszüge
  4. Wirksamkeitskontrolle
    1. Aufgabenverteilung, Anpassung der Instrumente, Berichte, Zeiträume 6 Textauszüge
  5. Dokumentation
    1. Koordinator, Teams 8 Textauszüge
  6. Konfliktlösungsverfahren
    1. Kommission bilden 5 Textauszüge
  1. Mitbestimmung und Beteiligung
    1. Rechte und Pflichten der Beschäftigten 10 Textauszüge
    2. Rechte der Interessenvertretung 12 Textauszüge
  2. Datenschutz
    1. Gewährleistung von DatenschutzFragebogen, Gruppen, Anonymität 11 Textauszüge
  1. Betriebsvereinbarung 1
    1. Auszüge aus einer Rahmenbetriebsvereinbarung "Gefährdungsbeurteilung" 1 Textauszüge
  2. Betriebsvereinbarung 2
    1. Auszüge aus einer "Betriebsvereinbarung zur Gefährdungsbeurteilung" 1 Textauszüge

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