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Grafik - Betriebliche Mitbestimmung

Basiswissen Mitbestimmung: 2. Betriebliche Mitbestimmung

Was ist ein Betriebsrat? Welche Rechte hat er oder sie? Wie laufen Betriebsratswahlen ab?

Betriebliche Mitbestimmung sorgt dafür, dass Beschäftigte in einem Betrieb unter besseren Bedingungen arbeiten. Der Betriebsrat vertritt ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber. Das gilt vor allem bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes, bei der Arbeitszeit sowie bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Er spricht bei Einstellungen oder Versetzungen mit und macht Vorschläge, um Arbeitsplätze zu erhalten. Wo es einen Betriebsrat gibt, haben Beschäftigte mehr Rechte und werden besser in betriebliche Prozesse einbezogen. Der Betriebsrat wacht darüber, dass Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen eingehalten werden. Zudem schauen Betriebsräte auch auf soziale Fragen und achten zum Beispiel darauf, dass niemand im Betrieb diskriminiert wird.

Publikation: Mitbestimmung - Das demokratische Gestaltungsprinzip der Sozialen Marktwirtschaft (pdf)

Ein Betriebsrat ist das gewählte und legitimierte Gremium, das auf betrieblicher Ebene die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber vertritt. Seine Aufgaben werden durch das Betriebsverfassungsgesetz geregelt, er ist zur vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber verpflichtet.

Der Betriebsrat wird nach Wahlvorschlägen der Beschäftigten oder der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften auf vier Jahre gewählt (siehe dazu auch 2.5 „Wie laufen Betriebsratswahlen ab?“ und 2.6 „Wer darf für einen Betriebsrat kandidieren?“).

Die Arbeit im Betriebsrat ist ein Ehrenamt. Betriebsrätinnen und Betriebsräte sind von der Arbeit freigestellt, solange sie Betriebsratstätigkeiten ausüben. Ab einer Betriebsgröße von mehr als 200 Beschäftigten können sich einzelne bzw. mehrere Betriebsratsmitglieder teilweise oder ganz von der Arbeit freistellen lassen. Die Kosten, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehen, trägt nach Betriebsverfassungsgesetz der Arbeitgeber.

(Siehe auch: 2.8 „Wie kann ich einen Betriebsrat gründen?“, 4.4 „Was ist ein Europäischer Betriebsrat (EBR) und welche Rechte hat er?“ und 4.5 „Wo kann ein EBR eingerichtet werden?“.)

Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat bei vielen Entscheidungen beteiligen. Dafür sieht das Betriebsverfassungsgesetz abgestufte Beteiligungsrechte vor: Das reicht vom reinen Informationsrecht über Mitwirkungsrechte wie Beratungs- und Anhörungsrecht bis hin zu Mitbestimmungsrechten. Echte Mitbestimmung bedeutet, dass der Arbeitgeber in diesen Angelegenheiten keine Entscheidungen ohne Zustimmung des Betriebsrats treffen darf.

Die stärkste Form der Beteiligungsrechte des Betriebsrats ist die sogenannte erzwingbare Mitbestimmung. Dabei kann der Betriebsrat erzwingen, dass eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird, er kann aber nicht alleine über deren Inhalt bestimmen.

(Siehe auch: 2.15 „Was ist eine Einigungsstelle?“)

Überblick: Beteiligungsrechte des Betriebsrats (pdf)

Overview: Works council participation rights (pdf)

Die Zahl der Mitglieder eines Betriebsrats hängt von der Größe des jeweiligen Betriebs ab. Je mehr Beschäftigte ein Betrieb hat, desto mehr Köpfe zählt der Betriebsrat. So besteht ein Betriebsrat aus mindestens einer Person (bei 5 bis 20 Wahlberechtigten), er kann aber auch 35 Mitglieder (bei 701 bis 1.000 Wahlberechtigten) oder mehr haben.

Die Wahl des Betriebsrats wird vom Wahlvorstand organisiert. Der Wahlvorstand besteht aus mindestens drei Mitgliedern und wird vom Betriebsrat bestellt. Für die Wahl des Betriebsrats gibt es neben dem regulären Wahlverfahren ein vereinfachtes Verfahren. Welches Verfahren zulässig ist, hängt von der Betriebsgröße ab.

In Betrieben mit 5 bis 50 wahlberechtigten Beschäftigten kann der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren gewählt werden. Dieses Verfahren kann auch in Betrieben mit 51 bis 100 Beschäftigten angewandt werden, wenn Wahlvorstand und Arbeitgeber sich darauf einigen. Bei mehr als 100 wahlberechtigten Beschäftigten gilt das reguläre Wahlverfahren.

Zur Wahl aufgerufen werden alle zum Betrieb gehörenden Arbeitnehmer ohne Leitungsfunktion, die mindestens 18 Jahre alt sind (= aktives Wahlrecht). Zu den Wahlberechtigten gehören auch Auszubildende, Beschäftigte im Außendienst sowie Leiharbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer, die seit mindestens drei Monaten im Betrieb sind.

Betriebsratswahlen finden deutschlandweit alle vier Jahre statt, das nächste Mal im Jahr 2022.

(Siehe auch: 2.6 „Wer darf für einen Betriebsrat kandidieren?“ und 2.8 „Wie kann ich einen Betriebsrat gründen?“)

Für den Betriebsrat kann sich jeder Beschäftigte zur Wahl stellen, der 18 Jahre oder älter ist und dem Betrieb seit mindestens sechs Monaten angehört (Ausnahme: wenn der Betrieb vor weniger als sechs Monaten gegründet wurde).

Eine weitere Voraussetzung für die Kandidatur (= passives Wahlrecht): Der Beschäftigte muss das aktive Wahlrecht haben, also zu den wahlberechtigten Beschäftigten gehören.

Wer sich engagiert, kann anecken. Damit der Arbeitgeber keinen besonderen Druck auf die Mitglieder des Betriebsrats ausüben kann, sind Betriebsräte während ihrer Amtszeit vor Kündigungen geschützt. Zudem gibt es einen nachwirkenden Kündigungsschutz. Während der Amtszeit und in dem Jahr danach kann der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied nur im Ausnahmefall kündigen. Dafür muss ein so schwerwiegender Grund vorliegen, dass eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist.

Für den Wahlvorstand, der die Wahl eines Betriebsrats vorbereitet und durchführt, besteht kein besonderer Kündigungsschutz.

Das Recht auf Gründung und Wahl eines Betriebsrats ist gesetzlich geschützt. Der Arbeitgeber darf die Wahl nicht behindern oder beeinflussen. Die Gründung eines neuen Betriebsrats ist nicht an eine Wahlperiode geknüpft: In Betrieben ohne Betriebsrat kann die erstmalige Wahl jederzeit durchgeführt werden.

Voraussetzung für die Gründung eines Betriebsrats ist, dass es mindestens fünf wahlberechtigte Beschäftigte im Betrieb gibt und mindestens drei die Voraussetzung zur Kandidatur erfüllen (siehe 2.6 „Wer darf für den Betriebsrat kandidieren?“).

Um einen Betriebsrat zu gründen, laden drei wahlberechtigte Kolleginnen und Kollegen zu einer Betriebsversammlung ein, die über die Zusammensetzung des Wahlvorstands entscheidet. Der Wahlvorstand besteht in der Regel aus drei Kolleginnen und Kollegen. Er führt die Betriebsratswahlen durch.

Gemäß dem Recht auf Gründung und Wahl eines Betriebsrats dürfen Arbeitgeber entsprechende Vorhaben weder sabotieren noch beeinflussen oder gar verhindern. Trotzdem wird jede sechste Betriebsratsgründung von Arbeitgebern behindert, oft mit Unterstützung von hierauf spezialisierten Anwälten. So versuchen Unternehmen zum Beispiel, die Bestellung eines Wahlvorstands zu verhindern oder sie schüchtern Kandidatinnen und Kandidaten ein – bis hin zur Kündigung. In anderen Fällen verwehren sie der zuständigen Gewerkschaft den Zugang zum Betrieb und unterstützen arbeitgebernahe Kandidatinnen und Kandidaten.

Weitere Informationen:

Publikation: Martin Behrens - Behinderung von Betriebsratswahlen (pdf)

Obwohl Unternehmen von Mitbestimmung nachweislich profitieren, gibt es Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten durch Druck und juristische Tricks die Mitbestimmung auf betrieblicher oder Unternehmensebene vorenthalten. Um betriebliche Mitbestimmung zu vermeiden oder zu schwächen, behindern sie Betriebsratswahlen und -gründungen (siehe auch 2.9 „Können Unternehmen eine Betriebsratswahl verhindern?“).

Allerdings muss es nicht immer nur am Arbeitgeber liegen, wenn kein Betriebsrat gewählt wird. Es gibt auch Betriebe, in denen die Beschäftigten keinen Betriebsrat haben wollen. Entweder weil sie Benachteiligungen fürchten oder weil sie denken, dass es nicht erforderlich ist. Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer keine Betriebsräte gründen, verzichten sie auf Rechte.

Das Recht auf Mitbestimmung ist nicht auf Unternehmen der Privatwirtschaft begrenzt. Denn auch der Staat, Städte und Gemeinden beschäftigen Tausende von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, etwa in Ministerien, Behörden, Gerichten, Schulen oder bei der Polizei. Zudem gibt es Unternehmen öffentlichen Rechts wie zum Beispiel die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD, ZDF, Deutschlandfunk und Deutsche Welle).

So wie die Interessen der Beschäftigten in Privatunternehmen durch einen Betriebsrat vertreten werden, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Verwaltungen und Betrieben der öffentlichen Hand einen Personalrat wählen. Für diese Beschäftigten gilt nicht das Betriebsverfassungsgesetz, ihre Rechte sind in Personalvertretungsgesetzen auf Bundes- bzw. Länderebene geregelt.

Wenn es im Betrieb mindestens fünf Jugendliche unter 18 Jahren gibt bzw. Auszubildende, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, können diese für jeweils zwei Jahre eine Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) wählen. Gewählt werden kann, wer das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Die Zahl der Jugend- und Auszubildendenvertreter hängt von der Zahl der Wahlberechtigten ab: von einem (bei fünf bis 20 Wahlberechtigten) über drei (21 bis 50) bis auf 15, wenn ein Betrieb mehr als 1.000 Jugendliche und Auszubildende beschäftigt.

Die JAV ist zuständig, wenn es um Themenfelder geht, die Jugendliche und Azubis betreffen. Sie arbeitet eng mit dem Betriebsrat zusammen und kann an Betriebs- bzw. Personalratssitzungen teilnehmen, wenn es um die Angelegenheiten junger Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Auszubildender geht. Die JAV kontrolliert die Einhaltung von Gesetzen, Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen, von Berufsbildungsgesetz, Ausbildungsverordnung und Ausbildungsvergütungsverträgen. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung ist auch Ansprechpartner für Verbesserungsvorschläge in der Ausbildung.

Wenn es in einem Betrieb keine JAV und keinen Betriebsrat gibt, können Auszubildende sich auch an die zuständige Gewerkschaft oder die verantwortliche Kammer wenden (etwa Handwerkskammer oder Industrie- und Handelskammer).

Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) vertritt in Betrieben und Dienststellen die Interessen der schwerbehinderten Beschäftigten. Sie fördert die Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Betrieb und steht ihnen beratend und helfend zur Seite. Außerdem überwacht die Schwerbehindertenvertretung Vorschriften und beantragt Maßnahmen.

Die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung ist in Betrieben mit mindestens fünf schwerbehinderten Beschäftigten möglich. Gewählt wird sie für die Dauer von vier Jahren. Wahlberechtigt sind alle in dem Betrieb oder der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten Menschen. Wählbar sind Betriebsangehörige, die mindestens 18 Jahre alt und nicht nur vorübergehend beschäftigt sind und die dem Betrieb mindestens sechs Monaten angehören. Zur Wahl aufstellen können sich auch Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die selbst nicht schwerbehindert sind.

Weitere Informationen:

Publikation: Mathilde Niehaus u.a. - Von Anfang an zusammen: Handlungsleitfaden für Schwerbehindertenvertretungen in Netzwerken (pdf)

Eine Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, der verbindliche Regeln meist für den gesamten Betrieb formuliert. Im öffentlichen Dienst und in Betrieben der öffentlichen Hand werden Vereinbarungen zwischen Personalrat und Dienststelle als Dienstvereinbarung bezeichnet.

Mit Betriebs- oder Dienstvereinbarungen kann z.B. geregelt werden, wann die Arbeitszeit beginnt, endet und ob man auch im Home Office arbeiten kann. Viele Themen werden vereinbart, zu denen es keine bessere gesetzliche oder tarifliche Regelung gibt. Neben Themen zu denen der Betriebsrat einen Kompromiss erzwingen kann, können Betriebsvereinbarungen in vielen Themen auch freiwillig verhandelt und abgeschlossen werden. Das setzt voraus, dass Arbeitgeber und Betriebsrat sich einigen wollen.

Eine Einigungsstelle dient dazu, Kompromisse zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber zu erreichen. Einrichtung und Verfahren einer Einigungsstelle sind gesetzlich geregelt. Arbeitgeber und Betriebsrat entsenden die jeweils gleiche Anzahl von Personen (Beisitzer) in die Einigungsstelle und müssen sich auf einen unparteiischen Vorsitzenden einigen.

Einigungsstellen können freiwillig eingerichtet werden, dies kommt in der Praxis selten vor. Üblicherweise erzwingt eine der Betriebsparteien – häufig der Betriebsrat – die Tätigkeit der Einigungsstelle, wenn die Verhandlungen zwischen beiden Parteien gescheitert sind (zur erzwingbaren Mitbestimmung siehe auch 2.3 „Welche Rechte hat ein Betriebsrat?“). Der Spruch der erzwingbaren Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat und ist für beide Seiten verbindlich.

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